Die Verbreitung des Wolfes hat in den vergangenen Jahren zu immer größeren Problemen für die Landwirtschaft geführt. Die Risszahlen zeigten in den letzten Jahren ein exponentielles Wachstum. In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Bundesländer entschlossen, ein aktives Wolfsmanagement durch entsprechende Verordnungen zu ermöglichen. Wie jüngste Zahlen des Zentrums für große Beutegreifer zeigen, hat dieses aktive Management zu einem starken Rückgang der Wolfsschäden in jenen Bundesländern geführt, die eine derartige Regelung bereits getroffen haben. Die Steiermark muss in der Almsaison 2023 hingegen einen starken Anstieg der Wolfsangriffe verzeichnen.
Die Steirischen Jungbauern haben bereits im Juni diesen Jahres die Umsetzung einer praxistauglichen Wolfsverordnung, angelehnt an die Kärntner Wolfsverordnung, gefordert.
Als eines der letzten Bundesländer hat die Steiermark unter Führung von Frau Umweltlandesrätin Lackner einen Verordnungsentwurf vorgestellt.
Zu diesem Entwurf hat die steirische Jungbauernschaft als eine der hauptbetroffenen Gruppen im Folgenden einige Anmerkungen:
1. Praxistauglichkeit
Laut den Angaben von §5 (4)kann der Wolf nach einem Angriff zuerst verscheucht, danach vergrämt und darf erst nach Erfolglosigkeit dieser beiden Maßnahmen und nach Begutachtung durch zwei Sachverständige entnommen werden. Zusätzlich muss dies laut § 5 (5) innerhalb von 4 Wochen nach Zuordnung des letzten Vorfalles geschehen. Es wird stark bezweifelt, ob dies in der Praxis erfolgreich durchführbar ist.
Das Beispiel der Kärntner Wolfsverordnung zielt darauf ab, dass Wölfe in Weideschutzgebieten unkompliziert, schnell und praxistauglich entnommen werden dürfen, wenn es sich um einen Risikowolf handelt. Und zwar unabhängig von den Risszahlen, sondern aufgrund der vorab geprüften, nicht gegebenen Schützbarkeit der Alm- und Weidegebiete. Eine klare Definition von Weideschutzgebieten in der Steiermark wäre für eine wirkungsvolle, praxistaugliche Verordnung eine notwendige Maßnahme
2. Definition Schadwolf
(Abbildung 1, Quelle: Homepage Land Steiermark, 02.10.2023, Wolf-Verordnung_Anlagen.pdf (steiermark.at))
a) Ungeschützte Nutztiere
Die in obiger Abbildung dargestellte Definition eines Schadwolfes zeigt, dass ein Wolf unbedenkliches Verhalten an den Tag legt, wenn dieser ungeschützte oder nicht ausreichend geschützte Tiere tötet.
Da es gerade bei Schafen im hochalpinen Bereich gängige Praxis ist, diese ohne Umzäunung auf die Almen zu treiben, würde dies bedeuten, dass ein Wolf, der solche Schafe reisst, nicht entnommen werden darf. Somit wäre dieser Entwurf für Risse bei Schafen in weiten Gebieten der Obersteiermark wirkungslos.
Erläuterungen: Zu Anlage 2 ”Auf Almen ist ein sachgerechter Schutz von Schafen jedenfalls dann gegeben, wenn diese entsprechend der guten landwirtschaftlichen Praxis gehalten werden.”
Aus unserer Sicht ist in dieser Definition unklar, ob die gängige Haltung von Schafen auf Almen ohne Einzäunung oder ständige Behirtung als gute, landwirtschaftliche Praxis gilt.
b) Nicht ausreichend geschützte Nutztiere
Erläuterungen: Zu Anlage 2 “Die Mindeststandards für den sachgerechten Schutz von Nutztieren können nur im Einzelfall festgelegt werden. Sachgerechter Schutz bedeutet das Ausschöpfen sämtlicher zielführender und technisch machbarer Maßnahmen zur Minimierung des Risikos von Wolfsangriffen.”
Bei der Definition und zugehörigen Erläuterung von nicht ausreichend geschützten Nutztieren fehlt der Begriff “Wirtschaftlichkeit”. Es besteht die Möglichkeit, dass eine Herdenschutzmaßnahme zwar technisch umsetzbar, für den betroffenen Landwirt aber wirtschaftlich nicht leistbar ist.
3. Einbindung der betroffenen Akteure
Weder die Landwirtschaft als hauptbetroffener Sektor, noch die Jägerschaft, als jene Gruppe, die eine etwaige Entnahmen durchzuführen hat, sind in die Entscheidungsfindung eingebunden.
4. Ökologische Auswirkungen und weitere potentielle Gefahrenbereiche
Wir leben in einer Kulturlandschaft, in der sich die ansässigen Wildtierarten auf ein Leben mit dem Menschen und seinen Nutztieren eingestellt haben. Zusätzlich wird der Rückzugsraum für diese Tierarten durch die verstärkte, touristische Nutzung etc. unserer Almen immer kleiner. Daher ist ein weiterer Kritikpunkt am vorliegenden Gesetzesentwurf, dass dieser in keiner Weise auf mögliche Auswirkungen des Wolfes auf den Wildbestand der heute in der Steiermark heimischen Tierarten und deren Lebensraum eingeht. Vor allem das Rotwild hat erste Anzeichen gezeigt, dass es in den Wintermonaten mit dem Auftreten des Wolfes Schutz in den Wäldern suchte und dies vermehrt zu Schälschäden an Fichtenbeständen führte. Dies bedeutet nicht nur für die betroffenen Waldbauern massive, wirtschaftliche Schäden, sondern führt ebenso zu negativen Auswirkungen, was die Schutzfunktionen (Schutz vor Hangrutschungen, Lawinen, Steinschlag, etc.) eines Waldes betrifft.
Daher müssen Wölfe auch als Risikowölfe gelten, wenn sie sich in einem bestimmten Umkreis bei beschickten Fütterungsanlagen von Wildtieren – unabhängig von der Art der Fütterung. Dies ist ebenso in einer neuen, nachgeschärften Version der Kärntner Wolfsverordnung geplant.